Yehuda Yudkowsky

Wut ist eine unspirituelle aber produktive Motivationsstrategie. Elizier Yudkowskys jüngerer Bruder ist mit 19 Jahren verstorben. Was sich in der Reaktion der Singularitätsanhänger zeigt, ist ein Schlag ins Gesicht aller kurzsichtigen Touchie-Feely-Technologiekritiker: Nicht Technologiegläubigkeit oder Spieltrieb motiviert viele der aktiven Singularitätsanhänger, sondern bedingungslose Liebe und Respekt zum Leben. Wer sich einem konsequenten naturwissenschaftlichen Weltbild verschrieben hat muss auch verkraften das der Tod eines Menschen ein unwiederbringlicher Verlust ist. Diesem Schock kann man natürlich leicht ausweichen indem man sich mit religösen Weltbildern sediert. Die in vielen Schattierungen stattfindende Identifikation mit dem Aggressor – wie Elias Canetti die philosophische oder religöse Rationalisierung des Todes nannte – wird in Singularitätskreisen nicht akzeptiert.

Den Tod bis aufs Messer bekämpfen, Leiden nicht akzeptieren durch jahrzehntelange Meditationsgehirnwäsche und stattdessen Menschen wie Aubrey de Grey oder Elizier Yudkowsky unterstützen sind meines Erachtens Reaktionsweisen die einem aufgeklärten Menschen gemässer sind. Der Schmerz wird bleiben. Wie lange noch, entscheiden wir selbst.Vielleicht sind wir die erste Generation der dämmert, das Tod nicht sein müsste und das damit das einmalige Potential eines Menschen nicht vor seiner Entfaltung erlöschen muss.

Wenn, ja wenn… nicht der Mahlstrom der Mittelmässigkeit seit je jeden Versuch aus dem Gefängnis der Konsenshypnose auszubrechen mit – nun, sagen wir: Unverständnis in allen seinen kreativen Spielarten belohnen würde. Es dämmert mir, das die eigene Stellung zum technologischen Fortschritt letztendlich eine Position zu den beiden Problemen der menschlichen Individualität UND des Todes ist. Alles andere leitet sich daraus ab.

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